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Wo die Vorteile der verschiedenen Übertragungswege liegen

„Der Rundfunkmarkt wird sicherlich heterogener werden“, schätzt Michael Radomski, Geschäftsführer UPLINK Network GmbH, ein. Der Sendernetzbetreiber will sich auch mit Blick auf die Abschaltung zweier UKW-Sender beim Deutschlandradio nicht an Auseinandersetzungen um DAB+beteiligen. Jeder Übertragungsweg bietet aus seiner Sicht Vorteile.

In zwei Regionen sind die Deutschlandradio-Programme künftig nicht mehr per UKW zu empfangen und sollen vor allem über DAB+ Hörer erreichen. Was bedeutet das aus Ihrer Sicht für den digitalen Übertragungsstandard?

Als reiner technischer Dienstleister sehen wir für uns erstmal keinen großen Unterschied zwischen UKW und DAB+. Wir beteiligen uns auch an den – teils von den Beteiligten ideologisch geführten – Auseinandersetzungen um DAB+ nicht. Welche Programme oder technischen Empfangswege der Radiohörer nutzt, sollte aus unserer ordnungspolitischen Sicht einzig und alleine die Entscheidung des Konsumenten bleiben.

Wenn Deutschlandradio an zwei sicherlich sehr speziell gelegenen Standorten – nämlich in der Nordsee und in den Alpen – die UKW-Verbreitung einstellt, hat das für den durchschnittlichen Hörer wohl nur wenig Konsequenzen. Entweder weicht er auf andere UKW-Programme aus oder er nutzt einen alternativen Empfangsweg. Ob sich nun tatsächlich viele Einwohner der betroffenen Regionen ein DAB+ Radio kaufen, um weiter Deutschlandradio zu hören, ist eine spannende Frage. Ein Stammhörer wird seine Lieblingssendung nun vielleicht auch einfach online streamen, ein Gelegenheitshörer vielleicht aber fortan auf UKW einen anderen öffentlich-rechtlichen oder privaten Sender hören.

Die Durchdringung mit DAB+ Geräten ist in den letzten Jahren stark gestiegen – auf nun deutschlandweite 18,1 %. Wie bewerten Sie den Schritt des Deutschlandradios im Lichte dieser Entwicklung?

Technische Reichweite – also die Durchdringung von Haushalten mit einem technischen Medium – sagt überhaupt nichts über die tatsächliche Nutzung aus. Nach dieser Logik würde sich unsere Bevölkerung ausschließlich von Konserven ernähren, denn die technische Reichweite von Dosenöffnern in deutschen Haushalten liegt bei 100%. So gesehen sind 18% sogar bitter wenig, denn onlinefähige Endgeräte oder sowieso UKW-Radios liegen irgendwo Richtung 80 bis 100%. Wenn UKW plötzlich oder zukünftig einfach wegfallen würde – was ziemlich ausgeschlossen ist – wäre erstmal zu vermuten, dass Audio in der Masse gestreamt wird.

Gerade bei jüngeren Zielgruppen ist IP-basierte Radionutzung im Kommen – was bedeutet es für DAB+, wenn immer mehr Menschen via Internet Radio hören?

Ist DAB+ ein reines Brückenmedium, also eine Übergangslösung? Wir wissen es nicht, aber viel spricht dafür. Technisch gesehen ist ein deutschlandweit einheitliches Programm wie Deutschlandradio über DAB+ günstiger zu verbreiten als über UKW. Bei kleinzelligen Strukturen, also dem klassischen Lokalradio, ist UKW wiederum führend. In beiden Fälle müssen jedenfalls teure Sender und Antennen betrieben werden. Die Veröffentlichung im Internet kostet erstmal wenig und eröffnet den Weg zu Milliarden von Menschen weltweit. Stark genutzte Inhalte brauchen aber entsprechende Server und der Nutzer zahlt auch für sein Datenvolumen. Dabei besteht auch noch gleichzeitig die konkrete Gefahr, dass lokale und regionale Inhalte in der Masse untergehen. Unser Fazit ist, dass jedes Medium seine Vor- und Nachteile besitzt und alle Verbreitungswege – dazu gehören ja auch noch Satellit, Kabel oder LTE Broadcast – nebeneinander sinnvolle Einsatzgebiete besitzen.

Am Ende ist die Frage aber doch, was der Hörer und der Markt wollen. Der Rundfunkmarkt wird sicherlich heterogener werden. Dabei stellt sich aber auch die Frage, wie die bisherigen Veranstalter mit einem kostenträchtigen Doppelbetrieb von UKW- und DAB+ im Rahmen dieser Veränderungen klarkommen, während sie gleichzeitig neuen Wettbewerb durch Streaming erhalten.

Ab 2021 will Deutschlandradio weitere UKW-Sender außer Betrieb nehmen. Kommt dann einen neue UKW-Abschaltdebatte?

Deutschlandfunk und Deutschlandfunk Kultur sind gebührenfinanzierte und bundesweit einheitliche Programme. Ein Rückzug aus kostenträchtigen lokalen Füllfrequenzen macht finanziell durchaus Sinn und hat wohl nur wenig Einfluss auf die Medienlandschaft in Deutschland. So einen Schritt würde ein werbefinanziertes, privates Programm wohl gar nicht oder auch nur in extrem dünn besiedelten Regionen gehen. Attraktive, starke UKW-Frequenzen wird aus unserer Sicht wohl keiner freiwillig aufgeben und sie dabei dann womöglich anderen Anbietern überlassen.

Ob DAB+ und die damit einhergehenden Kosten einen Vorteil gegenüber der bestehenden UKW-Verbreitungsstruktur besitzen, ist eine Frage des Blickwinkels. Ob ein Simultanbetrieb, also der parallele Betrieb von zwei Rundfunknetzen mit UKW und DAB+, sinnvoll ist und wie er finanziert werden soll, ist eher eine politische Frage. Die Frage nach einer UKW-Abschaltung, die vornehmlich dem Verbreitungsweg Streaming nutzen würde, halten wir jedenfalls für kontraproduktiv.

Quelle: www.meinungsbarometer.info